In meinem letzten Artikel hatte ich bereits angerissen, wie Plastik in die Meere kommt. Dabei kam mir die Frage auf, wie lange Plastik denn überhaupt braucht, bis es möglicherweise durch Bakterien oder andere Einflüsse zerkleinert wird. Die Antwort auf diese Frage war schockierend: 450 Jahre braucht beispielsweise eine Plastikflasche, bis sie zersetzt ist. Wahrscheinlich aber länger. Doch leider ist das Problem damit definitiv noch nicht gelöst. Denn wie gesagt wird einfach nur zerkleinert - zerkleinert zu Mikroplastik!
Schön wäre es, wenn man hier sagen könnte, aus dem Auge, aus dem Sinn, aber so einfach ist die Sache nicht. Mikroplastik ist mit dem bloßen Auge schwer bis gar nicht zu erkennen, aber dadurch nicht ungefährlicher. Das zerkleinerte Plastik landet durch Regen oder Überflutung in Flüssen oder dem Meer und werden dort um die ganze Welt getragen. Forscher haben auf diese Weise bereits Mikroplastik in Spitzbergen oder im Mariannengraben finden können. Außerdem wird Mikroplastik auch durch Verdunstung und den daraus folgenden Regen weiter verteilt oder als Feinstaub durch die Luft.
Feinstaub = Mikroplastik?

Aber nicht nur Einwegplastik ist für die Mikroplastikbelastung verantwortlich. Wer in den letzten Jahren die Nachrichten verfolgt hat, der hat feststellen müssen, dass der Diesel wegen seines hohen Ausstoßes an Feinstaub in der Kritik stand. Doch häufig wird die Rechnung dabei ohne den Brems- und Reifenabrieb gemacht. Aus dieser Sicht betrachtet sind Verbrennungs-, Elektro und Wasserstoffmotoren nämlich alle gleichermaßen schädlich. Dieser macht laut dem österreichischen
Umweltbundesamt nämlich bis zu 30% des Feinstaubs aus. Das sind ganze 1,2 Kilogramm pro Bundesbürger!

Jetzt kann man sich aber zu Recht fragen, was Feinstaub mit Mikroplastik zu tun hat. Das kommt daher, dass der umgangssprachliche Begriff des Gummis auf Reifen nicht unbedingt zutrifft, da Reifen eigentlich aus Kunststoff gefertigt sind. Denn zu Mikroplastik zählt in der Statistik auch der Feinstaub dazu.
Allerdings reiben sich die Reifen ja nicht nur an der Straße, sondern auch die Straße an den Reifen. So entsteht durch den Abrieb der Straße ebenfalls Feinstaub.
Wer jetzt aber damit kommt, man solle doch das Auto verbieten, dem kann ich sagen, dass auch Züge – die ja allgemein hin als klimafreundlich gelten – Feinstaub erzeugen. Auch wenn der Anteil der Züge bei nur knapp 4% aller Feinstaubemissionen liegt. Bei Elektrolokomotiven wird Feinstaub wenn durch die Bremsung freigesetzt. Daher ist auch ein Bahnhof wie der sich im Bau befindliche Durchfahrtsbahnhof „Stuttgart 21“ so gefährlich. Dieser befindet sich nicht nur im Untergrund, wo die Teilchen im Raum „stehen bleiben“ und nicht entweichen können, sondern hat auch noch ein großes Gefälle. Dadurch muss im Tunnel umso mehr abgebremst werden, als es in ebenerdigen Bahnhöfen der Fall wäre.
Doch auch Flugzeuge, Schiffe und sogar Fahrräder sind in Sachen Feinstaub zumindest Mittäter. Flugzeuge machen laut dem bayerischen Umweltministerium nur 2% aus und Schiffe 1%.
Doch nicht nur der tägliche Verkehr setzt diese kleinsten schädlichen Partikel in unsere Luft frei, sondern auch die Nutzung einer Gasheizung oder in der Metallindustrie. Eben überall, wo etwas verbrannt wird oder wo Reibung entsteht.

Man kann also erkennen: Mikroplastik - in welcher Form auch immer - berührt unser Leben dauerhaft, vielleicht sogar täglich in der Dusche. Doch leider wird Mikroplastik häufig in Kosmetikprodukten als Bindemittel verarbeitet - und das ganz bewusst. Darunter fallen die meisten Zahnpasten und Duschgels.
Dass die Nutzung von sogenanntem primären Mikroplastik, was gezielt in Produkten verwendet wird, nicht schon schlimm genug wäre, so kommt eben auch noch das sekundäre Mikroplastik dazu. Das können zum Beispiel Plastikpartikel sein, die sich unbeabsichtigt vom bereits aus recyceltem Plastik bestehenden Fleece löst oder durch Plastikmüll und somit in die Umwelt gelangt.
Glücklicherweise läuft das Wasser aus unseren Duschen und Waschbecken zuerst durch Kläranlagen, bevor es entweder wieder in Flüsse entlassen wird oder in jeglicher Form von Frischwasser aus der Leitung kommt. Dabei werden laut einer Studie, die die Stuttgarter Zeitung erwähnt, bis zu 98% des Mikroplastiks herausgefiltert. Trotzdem würde ich diese 2% nicht unterschätzen. Ist das Mikroplastik erstmal wieder in der Umwelt, so bekommt man es nur schwer wieder heraus…
Doch was macht Mikroplastik eigentlich so schlimm?

Kommt Mikroplastik in die Umwelt, ob dies in der Luft oder im Wasser ist, ist jetzt mal egal, so ist es für Viren und Giftstoffe sehr attraktiv, sich dort festzusetzen.
Dass Fische normales Plastik mit Nahrung verwechseln können, dürfte bekannt sein. Bei Mikroplastik merken sie nicht mal, dass sie es aufgenommen haben. Menschen übrigens auch nicht.
Dies kann dann zu Erkrankungen oder im schlimmsten Fall sogar zum Tod führen. Jetzt stellt man sich mal vor, wie klein Mikroplastik ist und wie viel sich davon in unserem Wasser befinden kann, wenn „nur“ 98% herausgefiltert werden. Auf 250.000 Kubikmetern Wasser sind das immerhin noch 65 Millionen Plastikpartikel!
Wenn man sich jetzt noch vorstellt, dass bei weitem nicht überall auf der Welt Mikroplastik aus dem Wasser gefiltert wird, oder es gar Kläranlagen gibt, dann hat die Sache ganz andere Ausmaße. Es gibt Nationen, die zu großen Teilen von Fisch leben und wenn dies durch (Mikro-)Plastik nicht mehr möglich ist, kann es zu Nahrungsmittelknappheiten kommen. Die Dosis macht ja bekanntlich das Gift.

Doch das war nur einer der Effekte, den Mikroplastik auf Lebewesen hat. Was für luftatmende Lebewesen viel gefährlicher sein kann, ist der Feinstaub - das Mikroplastik in der Luft. Laut dem Deutschen Umweltbundesamt könne Feinstaub abhängig von der Größe und der Eindringtiefe der Teilchen Schleimhautreizungen und lokale Entzündungen in der Luftröhre und den Bronchien verursachen. In schlimmen Fällen kann es zur Thrombose oder zur Veränderungen der Regulierungsfunktion des vegetativen Nervensystems führen.
Was kann ICH jetzt tun?

Grundsätzlich ist es, nicht nur im Hinblick auf Mikroplastik, gut, die Nutzung von Plastik zu reduzieren. Dabei ist schon ein Anfang, wenn man beim Einkaufen selbstbewusst nein zur Plastiktüte sagt und einen Beutel oder einen Rucksack dabei hat. Diese fliegt dann nicht nur doof zuhause rum, sondern zerfällt auch nicht in diese kleinsten Teilchen, von denen wir bis heute noch nicht alle Konsequenzen kennen. Man kann natürlich noch weiter gehen und es wie Bianca und Theresa machen und sich seine eigenen Kosmetikprodukte herstellen. Wer darauf keine Lust hat, kann auf der Webseite des BUND vorbeischauen. Sie haben eine seitenlange Liste veröffentlicht mit Kosmetikprodukten, die ohne Mikroplastik als Bindemittel auskommen: https://www.bund.net/fileadmin/user_upload_bund/publikationen/meere/meere_mikroplastik_einkaufsfuehrer.pdf
Dies sind jetzt nur ein paar wenige Vorschläge, wie man Plastik generell, aber auch Mikroplastik sparen kann. Wie ich bereits oben schon erwähnte, macht die Dosis bekanntlich das Gift, oder in diesem Fall einfach nicht…
Wie kann es weitergehen?

Bereits heute arbeiten Forscher an Methoden, um die Mikroplastikkonzentration in unserer Umwelt zu vermindern. Forscher aus Japan hatten ein Bakterium entdeckt, das Plastik zersetzt. Allerdings nur sehr langsam und nur sehr stark verkleinert. Weitergehend wurde klar, dass sich die Bakterien und die Enzyme, die sie zum Abbau von Plastik benutzen, manipulieren lassen, um damit auch andere Kunststoffe zerkleinern zu können. Im April 2019 gab ein Team der Universität Greifswald und des Helmholtz Zentrums in Berlin bekannt, dass sie einen Durchbruch bei der Struktur der Enzyme PETase und MHETase verzeichnen konnten. Damit möchte man vorerst das Recycling von PET-Flaschen voran bringen, aber eben auch gegen andere Probleme, die durch Plastik aufkamen, lösen.
Man kann also sagen, dass die Wissenschaft auf einer heißen Spur ist und wir gespannt sein dürfen, inwieweit eine Lösung für das Plastik in der Umwelt gefunden wird.
Solange kann man es leider nicht anders sagen: Wir dürfen nicht länger auf Plastik in dieser Größenordnung setzen! Plastik, in welcher Form auch immer, hat auf unserem Körper, aber auch andere Lebewesen wirklich einen schlechten Einfluss.
Doch in diesem Zuge muss man auch wieder Politik und Industrie mit in die Verantwortung nehmen. Ohne einen vernünftigen Müllkreislauf und einen Ausbau der Wasseraufbereitung kann dieses Problem nicht gelöst werden. Dazu gehören aber auch niedrigere Grenzwerte für Mikroplastik in Flüssen, Seen und Meeren, wenn es diese überhaupt schon gibt. Ebenfalls wichtig wäre im Zuge der Feinstaubbelastung, die Transportwege zu reduzieren oder vermehrt auf die Bahn zu setzen. Zusätzlich könnten Mehrwegalternativen zur heutigen Einwegverpackung interessant sein und könnte durch Subvention ohne ein plumpes Verbot zur Vermeidung von Plastik beitragen. Aber wie man auch schon in meinem letzten Artikel gesehen hat, ist Deutschland insgesamt recht engagiert, was den Umweltschutz und den Recyclingkreislauf angeht. Aber dieses Problem macht leider nicht an Ländergrenzen halt - es ist ein globales Problem! Deshalb gilt auch beim Thema Mikroplastik: Expertise teilen.